Spielerschutz Tätigkeitsbericht 2022

Im Fokus: NEUE SPIELBANK – BEWÄHRTER SPIELERSCHUTZ TÄTIGKEITSBERICHT 2022 www.merkur-spielbanken.de Aus der Wissenschaft: THERAPEUTISCHE BEZIEHUNGEN Interview: REGIONALE SPIELERSCHUTZBEAUFTRAGTE

1 . Das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, 2 . durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellendes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken, 3 . den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten, 4 . sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden, und 5 . Gefahren für die Integrität des sportlichen Wettbewerbs beim Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten vorzubeugen. Der Glücksspielstaatsvertrag, § 1 ZIELE DES STAATSVERTRAGS SIND GLEICHRANGIG 2 STAATSVERTRAG

Wir, die MERKUR SPIELBANKEN NRW, übernehmen als Teil der familiengeführten Gauselmann Gruppe Verantwortung für jeden Gast, der unsere Spielbanken besucht. Als staatlich konzessionierter Anbieter ermöglichen wir Glücksspiel in einem geschützten Raum. Wir garantieren unseren Gästen damit nicht nur ein regelkonformes Spiel, sondern sorgen mit unseren Sozialkonzepten auch für höchsten Spielerschutz. Dazu gehören unsere Spielerschutzbeauftragten, die in jeder unserer Spielbanken mit viel Erfahrung und Empathie problematisches Spielverhalten erkennen und das Gespräch mit den Betroffenen suchen. Die sorgfältige Auswahl des Personals sowie die Aus- und Fortbildung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für uns die Schlüssel für einen erfolgreichen Spielerschutz. Mit unseren Schulungskonzepten setzen wir Maßstäbe, die weit über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Im engen Austausch mit Wissenschaft und Forschung entwickeln wir unser Wissen über Sucht- und Spielverhalten ständig weiter. Diese Erkenntnisse lassen wir in unsere Schulungsinhalte und unser Sozialkonzept zur Suchtprävention einfließen. So werden wir immer besser. Der Mensch steht für uns im Mittelpunkt. Spielerschutz ist uns daher besonders wichtig. FÜR UNS MEHR ALS EINE AUFGABE Spielerschutz bei den MERKUR SPIELBANKEN NRW 3 SPIELERSCHUTZ

Inhalt Staatsvertrag 2 Spielerschutz 3 Vorwort 5 Spielerschutz im Unternehmen 6 Im Fokus Neue Spielbank – bewährter Spielerschutz 8 Das Kompetenzteam 14 Wissenschaft Therapeutische Beziehungen 18 Interview Interview mit Frances Trümper 22 Sperrstatistik und Gastgespräche 24 Interview Das neue Schulungskonzept 28 Das Kompetenzteam 32 Ausblick Spielerschutztagung 2023 34 Über die MERKUR SPIELBANKEN NRW 36 Impressum 40

Sehr geehrte Damen und Herren, der Spielerschutz ist für uns alle mehr als eine Pflichtaufgabe – er ist Teil unseres Selbstverständnisses und tief in unserem Spielbetrieb verankert. In diesem Bericht zeigen wir Ihnen die vielen Facetten des Spielerschutzes bei den MERKUR SPIELBANKEN NRW. Und wir stellen Ihnen die Menschen vor, die dieses wichtige Thema bei uns begleiten. Denn zusammen mit einem großen Team entwickeln wir die Maßnahmen rund um den Spielerschutz ständig weiter und sorgen so dafür, dass wir alle sensibel und aufmerksam bleiben. Das neue Kompetenzteam Spielerschutz ist für uns dabei ein Glücksfall. Drei ausgewiesene Experten, die sich optimal ergänzen und sich untereinander bestens verstehen. Lesen Sie selbst im Interview, was sich das Team für die Zukunft vorgenommen hat und wie sich unser Schulungskonzept verändert. Die Integration der nordrhein-westfälischen Spielbanken hat uns im Jahr 2022 auf Trab gehalten. Mit dieser Erfahrung im Rücken konnten wir in der neuen Spielbank in Monheim den Spielerschutz von Beginn an einplanen. Eine großartige Chance, die wir gerne ergriffen haben. Menschen einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Glücksspiel ermöglichen – das ist unser Auftrag. Und dabei die Menschen schützen, für die dieser Umgang nicht möglich ist. Wie das unsere Spielerschutzbeauftragten Tag für Tag hervorragend und wertschätzend meistern, lesen Sie im Interview. Was uns dabei hilft, ist das tiefe Verständnis für die Menschen hinter den Zahlen. Deshalb haben wir uns auch angeschaut, wie eine Selbsthilfegruppe vor Ort arbeitet. Wir wünschen uns, dass Sie beim Durchblättern durch die Seiten ein wenig von unserem Antrieb spüren, der uns Tag für Tag begleitet. Vielleicht überzeugen Sie sich einmal selbst vor Ort – Sie sind herzlich eingeladen. David Schnabel Geschäftsführer Björn Hohlt Geschäftsführer »Menschen einen verant- wortungsvollen Umgang mit dem Glücksspiel ermöglichen – das ist unser Auftrag.« Duisburg, im Frühjahr 2023 5 VORWORT

Die G4-Kommission hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Qualitätsstandards im Jugend- und Spielerschutz durch Akkreditierungen von Glücksspielanbietern weltweit auf ein neues und noch verantwortungsvolleres Level zu heben. So haben internationale Experten mit lang jähriger Erfahrung in der Glücksspielbranche einen umfangreichen Anforderungskatalog ausgearbeitet, desSpielerschutz bei den MERKUR SPIELBANKEN NRW ZERTIFIZIERTER SPIELERSCHUTZ Woran lässt sich erkennen, dass Unternehmen ihre Spielerschutzmaßnahmen nicht nur zu Papier gebracht haben, sondern auch in der Praxis leben? Ein wichtiges Kriterium: die Zertifizierungen von unabhängiger Seite. Dass sich die MERKUR SPIELBANKEN NRW seit Jahren intensiv mit dem Thema Jugend- und Spielerschutz auseinandersetzen, beweisen zahlreiche (Re-)Zertifizierungen: Sowohl die Global Gambling Guidance Group (G4) als auch die European Casino Association (ECA) bescheinigen stets die Aktualität und die Qualität der Maßnahmen im Jugend- und Spielerschutz des Gauselmann-Tochterunternehmens. sen Erfüllung Voraussetzung für die renommierte G4-Zertifizierung ist. Der Kodex erfordert unter anderem die Integration von Responsible-Gambling-Programmen bei allen Aktivitäten des geprüften Unternehmens sowie Strategien, die verantwortungsbewusstes Spielverhalten fördern. Der Nachweis einer stabilen Verbindung zu den Regulierungsbehörden ist ebenso unabdingbar für die Zertifizierung wie das Aufzeigen einer klaren Verpflichtung zur Bewältigung von Glücksspielproblemen in den Grundsätzen der Unternehmenspolitik. Nur wer konkrete Maßnahmen und Lösungen präsentieren und belegen kann, qualifiziert sich für die G4-Zertifizierung. Die MERKUR SPIELBANKEN NRW haben im Jahr 2022 bewiesen, dass sie den hohen Anforderungen der Global Gambling Guidance Group in vollem Umfang gerecht werden und den Spielerschutz in sämtlichen Bereichen auf höchstem Niveau leben. Innovative Spielerschutzmaßnahmen Ebenso bedeutend ist die Zertifizierung durch die European Casino Association. Zur Bekämpfung von problematischem Spielverhalten und zur Umsetzung effizienter Spielerschutzmaßnahmen hat die ECA in enger Zusammenarbeit mit Verbänden und Branchenexperten ein Rahmenwerk für verantDavid Schnabel, Geschäftsführer der MERKUR SPIELBANKEN NRW, steht im Zertifizierungsprozess den Experten Rede und Antwort 6 SPIELERSCHUTZ IM UNTERNEHMEN

wortungsvolles Glücksspiel entwickelt. Die darin definierten Grundsätze erfordern unter anderem eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Aufsichtsbehörden, die kontinuierliche Qualitätssicherung aller durchgeführten Prozesse und Maßnahmen sowie den Nachweis regelmäßiger Schulungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch hier stellten die MERKUR SPIELBANKEN NRW zum wiederholten Male vorbildliches Verhalten unter Beweis. Ende 2022 bestätigte die ECA im Rahmen einer Re-Zertifizierung, dass das Unternehmen effektiv innovative Spielerschutzmaßnahmen anwendet und diese auf allen Ebenen einhält. Neben der Umsetzung der innerbetrieblichen Vorgaben umfasst dies auch die Einbindung der ResponsibleGaming-Maßnahmen in die innerbetrieblichen Abläufe des Unternehmens. Das dreiköpfige Kompetenzteam Um der Bedeutung des Jugend- und Spielerschutzes noch mehr Ausdruck zu verleihen, hat die Gauselmann Gruppe 2010 den Zentralbereich Prävention ins Leben gerufen. Sämtliche Präventionsaktivitäten sowie Zertifizierungsmaßnahmen der gesamten Unternehmensgruppe laufen hier konsequent zusammen – so auch für die MERKUR SPIELBANKEN NRW. Für die Umsetzung und Überprüfung sämtlicher Schutzmaßnahmen in den nordrhein-westfälischen Spielbanken hat der Zentralbereich ein dreiköpfiges Kompetenzteam etabliert: Während Jan Kowala als Leiter des Zentralbereichs Prävention die Fäden zwischen der Zentrale und den einzelnen Standorten zusammenführt, ist Dr. Wolfgang Kursawe als zentraler Spielerschutzbeauftragter der NRWSpielbanken in enger Zusammenarbeit mit Herrn Kowala mit organisatorischen Tätigkeiten wie beispielsweise der Konzeptionierung, dem Aufbau und Ende 2022 bestätigte die ECA im Rahmen einer Rezertifizierung, dass das Unternehmen effektiv innovative Spielerschutzmaßnahmen anwendet und diese auf allen Ebenen einhält. der Kontrolle von Präventionsmaßnahmen betraut. Michael Jütte komplettiert als Koordinator das Team und unterstützt ebenfalls operativ, etwa bei der Durchführung von Schulungen und der Vernetzung der Spielbankstandorte. Das Kompetenzteam bildet die Zentrale für den Jugend- und Spielerschutz der MERKUR SPIELBANKEN NRW, holt alle notwendigen Informationen und Unterlagen ein, stimmt sich mit den einzelnen Fachbereichen sowie der Geschäftsführung ab und ermöglicht so einen reibungslosen, professionellen sowie erfolgreichen Zertifizierungsprozess. 7 SPIELERSCHUTZ IM UNTERNEHMEN

VERANTWORTUNGSVOLLES FREIZEITVERGNÜGEN: SPIELERSCHUTZ IN DER SPIELBANK MONHEIM 4.800 Quadratmeter, 15 Spieltische und mehr als 500 moderne Spielautomaten: Die MERKUR SPIELBANKEN NRW haben im März 2023 in Monheim am Rhein die fünfte Spielbank in NRW eröffnet. Über 150 Mitarbeitende sorgen dafür, dass es den Besucherinnen und Besuchern an nichts fehlt. Das Besondere: Hier hat der Spielerschutz schon bei der Planung eine zentrale Rolle gespielt. Schließlich sind alle Mitarbeitenden frisch geschult und besonders für das Thema sensibilisiert. Wer Svenja Hennes an ihrem Arbeitsplatz in der MERKUR SPIELBANK Monheim begleitet und mit ihr über die Aufgaben einer Spielerschützerin spricht, spürt unmittelbar ihre Expertise auf diesem Gebiet. „Alle gehen hier mit offenen Augen durch die Fläche und nehmen die Verantwortung ernst, die wir für die Spielerinnen und Spieler haben“, erklärt die Spielerschützerin. Svenja Hennes bringt viel Erfahrung aus ihrer Zeit bei der MERKUR SPIELBANK Aachen mit und merkt, wie viel sich bei dem Thema verändert hat. „Wir arbeiten hier mit Feingefühl und Sensibilität und nehmen unsere Verantwortung auf der Fläche ernst. Wichtig aber auch: Alles läuft sehr diskret – schließlich sollen sich die vielen Menschen, die hier verantwortungsvoll spielen, auch unbeschwert fühlen. Und den Menschen, die Probleme mit dem Glücksspiel entwickeln, stehen wir empathisch und wertschätzend zur Seite.“ Gemeinsam mit drei weiteren Kollegen ist sie erste Ansprechpartnerin, wenn sich in Spiel- und Gesprächssituationen Auffälligkeiten zeigen. 8

Spielerschutz mit dem ersten Schritt Schon am Empfang wird deutlich, dass hier ganz klare Regeln gelten: Freundlich und geduldig erklären die Mitarbeitenden am Empfang, dass ein Einlass nur mit Personalausweis, Reisepass oder einem vergleichbar gültigen amtlichen Ausweisersatzes mit Lichtbild, der zur zweifelsfreien Feststellung der Identität geeignet ist, möglich ist. Andere Dokumente dürfen nicht akzeptiert werden – schließlich gilt in Spielbanken ein strenger Jugendschutz. Nur wer 18 Jahre alt ist, darf hinein. Der Glücksspielstaatsvertrag gibt auch vor, welche persönlichen Daten erfasst werden: neben Name, Geburtsdatum und Adresse auch die Nummer und der Ausstellungsort des Ausweisdokumentes. Das ist wichtig, damit die Daten mit der Sperrdatei abgeglichen werden können. Genau das passiert bereits beim Check-in: Ist zur Person eine Sperre hinterlegt, wird sie darüber wertschätzend informiert. Ein Einlass in die Spielbank ist dann nicht möglich. Sichere Atmosphäre auf allen Ebenen Ist der Check-in geschafft, erhält der Gast eine Spielbankkarte (M-Card). Mit dieser können Gewinne bis 2.000 Euro direkt ausgezahlt werden. Über eine Treppe geht es in den Spielbereich und damit in das Herzstück der Spielbank. Hier glitzert und blinkt es von allen Seiten. Die Mitarbeitenden der Spielbank sind gut an den blau-gelben Outfits zu erkennen und schaffen eine sichere Atmosphäre. „Alle, die hier arbeiten, sind ganz frisch für das Thema Spielerschutz sensibilisiert. Das ist etwas Besonderes bei einer Neueröffnung. Wir hatten gemeinsame Workshops, haben uns mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Spielbanken beraten und viele Situationen analysiert“, beschreibt Svenja Hennes das Konzept. Sicherer Spielbetrieb mit klaren Regeln » Über einen Abgleich mit der bundesweiten Sperrdatei OASIS wird bei Einlass geprüft, ob eine Spielsperre vorliegt » Das Jugendschutzgesetz regelt, dass Minderjährige keinen Zugang zum Spielbetrieb haben – auch nicht in Begleitung Erwachsener » Alle beim Einlass aufgenommenen persönlichen Daten werden streng nach den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung gesichert. Nach zwei Jahren werden die Daten automatisch wieder gelöscht » Nach den Bestimmungen des Geldwäschegesetzes werden Gewinne über 2.000 Euro automatisch an die Finanzbehörden gemeldet. Daher werden solche Gewinne nicht über die M-Card, sondern über die Kasse vor Ort ausgezahlt. 9 NEUE SPIELBANK – BEWÄHRTER SPIELERSCHUTZ

Aktive Ansprache mit Fingerspitzengefühl Woran erkennen die Mitarbeitenden vor Ort, ob sich das Spielverhalten einer Person auffällig entwickelt? „Die ersten Anzeichen sind subtil: Gefährdete Menschen wirken vielleicht nervös, beginnen zu schwitzen oder spielen auffällig lange und verkrampft. Wenn jemand aus unserem Team über einen längeren Zeitraum genau ein solches Verhalten beobachtet, rufen wir erst einmal jemanden hinzu. Natürlich ganz diskret. Erst wenn sich unser Verdacht langfristig bestätigt, bitten wir als Spielerschützer die betroffene Person ganz ruhig zu einem Gespräch in einem separaten Raum.“ Auch die Gastronomie ist für das Thema sensibilisiert: „Wenn z. B. jemand offensichtlich stark alkoholisiert ist oder sich lautstark über seine Verluste aufregt, werden wir benachrichtigt. Aktiver Spielerschutz bedeutet auch, die Menschen vor Fehlentscheidungen zu schützen, wenn sie nicht mehr klar denken können.“ Das Ziel des Spielbankenmanagements: einen geschützten Bereich zu schaffen, in dem sich Menschen unbeschwert und wohl fühlen können. Und gleichzeitig aktiv Verantwortung für die Personen zu übernehmen, die mit dem Angebot nicht umgehen können. Niedrigschwellige Hilfsangebote Informationsmaterial zum Spielerschutz gibt es an jedem Ort – sogar auf den Toiletten. „Die Karten oder Flyer mit Hilfsangeboten lassen sich hier besonders unbeobachtet mitnehmen“, weiß Spielerschützerin Hennes. Auch am Empfang, an der Kasse und der Bar befinden sich Ständer mit Informationen. Dort werden niedrigschwellige Hilfsangebote aufgezeigt, die auch sofort genutzt werden können. Gespielt werden kann hier in Monheim täglich von 10 bis 5 Uhr – und einen Smoking braucht hier niemand zu tragen. Bei der modernen Spielbank gibt es keinen Anzug- oder Krawattenzwang, dennoch sollte das Outfit angemessen sein. Schließlich bleibt ein Spielbankbesuch etwas Besonderes. Svenja Hennes zeigt ihren Kollegen, worauf es im laufenden Spielbetrieb zu achten gilt Das Ziel des Spielbankenmanagements: einen geschützten Bereich zu schaffen, in dem sich Menschen unbeschwert und wohl fühlen können. 10 IM FOKUS

Felix Bock (li.) und Daniel Hartnack (re.) übernehmen ihre Aufgaben im Spielerschutzteam mit höchstem Verantwortungsgefühl 11 EIN BLICK IN DIE PRAXIS: DIE SPIELERSCHUTZBEAUFTRAGTEN AUS MONHEIM IM GESPRÄCH Ganz platt gefragt: Was ist die Aufgabe eines Spielerschutzbeauftragten? Hartnack: „Die Aufgabe eines Spielerschutzbeauftragten ist es, den verantwortungsbewussten Umgang mit dem Thema Glücksspiel für die Mitarbeitenden offen in die Häuser zu transportieren und gleichzeitig auch im operativen Betrieb sicherzustellen. Aufgrund unserer jahrelangen Erfahrung haben wir ein Gespür dafür entwickelt, wann ein Gast ein auffälliges Spielverhalten zeigt. Hier gibt es ganz typische Verhaltensmuster wie beispielsweise Unruhe, Nervosität und teilweise auch Aggressivität. Mit der Zeit kommt man mit den Gästen ins Gespräch und lernt sie besser kennen. Dadurch kann man als Spielerschützer viel leichter herausfinden, ob ein Problem vorliegt – oder ob es sich um ein einmaliges Erlebnis handelt. Jeder kann einen schlechten Tag haben und in vielen Fällen sind es lediglich Momentaufnahmen. Genau deshalb sind direkte Gespräche so wichtig: Nur so können wir uns ein genaueres Bild von der Situation machen.“ Welchen Herausforderungen steht man als Spielerschutzbeauftragter bei der Eröffnung einer neuen Spielbank gegenüber? Bock: „Ich sehe hier vor allem zwei Herausforderungen: Zum einen lernen wir viele neue Gäste kennen. Auf diese muss man sich einlassen und ein vertrauensvolles Verhältnis erarbeiten. Es ist unsere Aufgabe, den Überblick zu behalten. Die andere Herausforderung ist die hohe Anzahl an neuen Kolleginnen und Kollegen. Sie müssen sich erstmal in den Spielbetrieb einfinden und sind zu Beginn vielleicht auch unsicher. Wir haben versucht, ihnen mit gezielten Schulungen die Arbeit am Gast insbesondere auch in Bezug auf den Spielerschutz so nahe wie möglich zu bringen. In der Anfangszeit der Spielbank werden wir trotzdem vermehrt auf die Dienstälteren im Team zählen. Wir sind uns sicher: Alle ‚Neuen‘ wachsen schnell in ihre Rolle. Schließlich konnten sie in den vergangenen Monaten auch schon erste Erfahrungen in den anderen Häusern sammeln.“ NEUE SPIELBANK – BEWÄHRTER SPIELERSCHUTZ

IM FOKUS Daniel Hartnack und Felix Bock arbeiten eng miteinander, um einen vollumfänglichen Spielerschutz in ihrer Spielbank zu gewährleisten 12 Wie können Sie in Monheim ganz konkret von den bestehenden Spielerschutzaktivitäten an den anderen MERKUR Standorten profitieren? Hennes: „Indem wir Kontakt halten. Da wir viele Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Häusern, die im Spielerschutz tätig sind, schon kennen und auch den Ablauf in den Casinos, können wir daraus einen Mehrwert ziehen. Wir stehen ständig im Kontakt und tauschen uns aus. Da kann man eine Menge lernen. Wir können das geballte Wissen der Kolleginnen und Kollegen, die seit Jahren in dem Bereich tätig sind, übernehmen. Außerdem erhalten wir Rückendeckung aus der Präventionsabteilung der Gauselmann AG und von unserem zentralen Spielerschutzbeauftragten Dr. Wolfgang Kursawe. Damit sind wir auch von der wissenschaftlichen Ebene her sehr stark aufgestellt.“ Wie gewährleistet man den Spielerschutz an einem neuen Standort mit vielen neuen Gästen? Hennes: „Normalerweise gibt es zu auffälligen Gästen Einträge im Rezeptionsprogramm. Sobald der Gast kommt, wird ein Spielerschutzbeauftragter informiert. Die Rezeptionsprogramme sind vernetzt, helfen aber bei neuen Gästen nicht. Und mit denen rechnet man natürlich vermehrt bei der Eröffnung eines neuen Standortes. Außerdem gewährleisten wir den Spielerschutz durch die konsequenten Schulungen. Bei uns sind ausnahmslos alle Mitarbeitenden geschult.“ Was bietet eine neue Spielbank für Möglichkeiten für den Spielerschutz? Aghaei: „Es ist eine große Chance, die Mitarbeitenden an die Hand zu nehmen und sie vom ersten Tag an für das Thema Spielerschutz zu sensibilisieren. Wir bieten staatlich konzessioniertes Spiel und haben eine Verantwortung gegenüber unseren Gästen. Wir sind gerade in einer Phase, wo wir maßgeblich die Richtung für unsere Mitarbeitenden vorgeben können. Ganz klar: Wir als Spielerschützer sehen die Aufgabe des Schutzes unserer Gäste bei allen Mitarbeitenden und nicht nur bei uns. Das funktioniert nur im engen Austausch.“

Spielerschutzbeauftragte in Monheim Name: Daniel Hartnack Alter: 43 Jahre Im Spielbetrieb tätig seit: Dezember 2009 Aktuelle Position: Floormanager Lieblingsspiel: American Roulette Name: Svenja Hennes Alter: 49 Jahre Im Spielbetrieb tätig seit: Juli 2000 Aktuelle Position: Floormanagerin Lieblingsspiele: Black Jack / Poker Name: Felix Bock Alter: 35 Jahre Im Spielbetrieb tätig seit: Mai 2013 Aktuelle Position: Floormanager Lieblingsspiel: American Roulette Name: Farbod Aghaei Alter: 29 Jahre Im Spielbetrieb tätig seit: August 2019 Aktuelle Position: Floormanager Lieblingsspiel: American Roulette 13 Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Schulungskonzept? Aghaei: „Eine große! In den Workshops mit allen lokalen Spielerschützern haben wir herausgearbeitet, wie wir die einzelnen Module des Schulungskonzepts definieren und gestalten möchten. Wir haben ein Schulungskonzept, das sich immer weiterentwickelt. Mit interaktiven Gruppenarbeiten und offenen Fragen versuchen wir, das Interesse zu wecken. Wir veranschaulichen, dass Spielerschutz ein sehr dynamisches Thema ist und nicht einfach statisch- abstrakt behandelt werden kann. Erstmals findet diese Schulung bei uns am Standort auch für die Kolleginnen und Kollegen aus der Gastronomie statt und wir haben in Monheim festgelegt, dass alle Floormanager sperrberechtigt sind. Wir erhoffen uns, dadurch ein noch enger geschnürtes Netz von Hilfsmöglichkeiten bieten zu können.“

Das Kompetenzteam Spielerschutz mit Vertretern von ECA und G4 im Rahmen eines Audits zur Zertifizierung des Spielerschutzes: Dr. Wolfgang Kursawe, Jan Kowala, Ben Verhoeff (European Casino Association), Pieter Remmers (Global Gambling Guidance Group) und Michael Jütte (v l.n.r.). 14 DAS KOMPETENZTEAM Das neue Kompetenzteam Spielerschutz KOMPETENZ TRIFFT ERFAHRUNG Das Jahr 2022 stand ganz im Zeichen der Integration: Die nordrhein-westfälischen Spielbanken wurden in die Gauselmann Gruppe eingegliedert. Sich kennenlernen, Strukturen anpassen, zusammenwachsen – das waren die besonderen Herausforderungen. Das neue Kompetenzteam Spielerschutz erweist sich hierbei als besonderer Glückgriff: Drei erfahrene Spielerschutzprofis haben schnell zusammengefunden und mit Engagement vieles auf den Weg gebracht. „Mit der Privatisierung der NRW-Spielbanken gingen deutlich strengere gesetzliche Spielerschutzvorgaben einher. Dies in die Praxis umzusetzen, hat uns letztes Jahr ganz schön auf Trab gehalten“, erinnert sich der Präventionsbeauftragte der Gauselmann AG, Jan Kowala. Michael Jütte, zuvor zentraler Spielerschutzbeauftragter bei WestSpiel, heute Spielerschutzkoordinator der MERKUR SPIELBANKEN NRW, ergänzt: „Gab es vorher keine verbindlichen Vorgaben für die Mitarbeiterschulungen, waren auf einmal zwei Schulungen pro Jahr zu bestimmten Themen Pflicht. Parallel lief der gesamte Prozess der Integration der Spielbanken in ein neues Unternehmensumfeld. Das war eine organisatorische Mammutaufgabe, die nur in einem starken Team zu schaffen war.“ Zunächst starteten Michael Jütte und Jan Kowala zu zweit. Im Sommer 2022 komplettierte der Suchthilfe-Experte Dr. Wolfgang Kursawe, vormals externer Berater und heute zentraler Spielerschutzbeauftragter der MERKUR SPIELBANKEN NRW, das neue Kompetenzteam Spielerschutz. Ein Glücksfall, finden Dr. Kursawe und seine Teamkollegen: „Wir ergänzen uns optimal und können über alles sprechen. Uns verbinden Erfahrung, Empathie und das Interesse an Menschen.“ Gemeinsam die Extrameile gehen Die Schulungen hatten für das Dreierteam von Beginn an oberste Priorität: „Uns war es wichtig, die Kolleginnen und Kollegen in den Spielbanken vor Ort von Anfang an bestmöglich zu unterstützen und alle an Bord zu holen“, beschreibt Michael Jütte die ersten Schritte des Kompetenzteams. Sukzessive überarbeiten die drei Spielerschutzexperten die

»Der Dialog zwischen Suchthilfe und Glücksspielanbieter ist wichtig – im Interesse der Spielgäste und der Unternehmen.« Dr. Wolfgang Kursawe 15 Schulungsunterlagen, gestalten sie einfacher und anschaulicher, immer im engen Austausch mit den Spielerschützern vor Ort. Ein neu konzipiertes „Train-the-Trainer“-Programm stärkt die Spielerschutzbeauftragten in ihrer Rolle und sorgt für ein spürbares Qualitätsplus in den Schulungen. Gemeinsam die Extrameile gehen – so könnte das Motto der Spielerschutzakteure bei den MERKUR SPIELBANKEN NRW lauten. Denn bei den Schulungen geht das Unternehmen deutlich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus: „Die Geschäftsführung hat entschieden, erstmals auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gastrobereich der Spielbanken für auffälliges Spielerverhalten zu sensibilisieren. Denn auch in diesen Bereichen lässt sich erkennen, wenn Gäste ein Problem haben oder entwickeln“, erklärt Dr. Kursawe. Am neuen Standort Monheim wird das Konzept bereits eingesetzt. Doch damit nicht genug: Zeitgemäße E-Learning-Angebote sorgen bis Ende 2023 für mehr Abwechslung in den Schulungen. Über eine eigene Spielerschutzplattform im Intranet, Chat-Gruppen und die halbjährlichen Schulungstermine tauschen sich die regionalen Spielerschutzbeauftragten regelmäßig aus und entwickeln sich ständig weiter.

»Immer wenn ich auf der Fläche vor Ort bin, spüre ich, warum ich das alles mache: Es geht um den Schutz der Gäste, und der liegt mir am Herzen.« Michael Jütte Es gibt viel zu tun – Spielerschutz wird immer wichtiger Die Privatisierung der NRW-Spielbanken erhitzte 2021 die politischen und gesellschaftlichen Gemüter. Befürchteten doch einige, betriebswirtschaftliche Überlegungen könnten den Schutz der Spieler vor Spielsucht und finanziellen Notlagen verdrängen. Doch es kam anders: „Wir beweisen mit unserem Engagement, das dies nicht der Fall ist“, erklärt Kowala. „Wir wissen aus Erfahrung, was passiert, wenn Regularien fehlen und Spielerinnen und Spieler sich im ungeschützten, illegalen Raum bewegen. Wir werden daher auch in Zukunft unseren Auftrag zur Gefahrenabwehr übererfüllen.“ Dass dies gelingt, davon sind die drei überzeugt: „Wir können uns auf 20 engagierte Spielerschutzbeauftragte und deren Teams vor Ort in unseren Spielbanken verlassen. Sie alle bringen das gleiche Herzblut für den Spielerschutz mit, brennen für das Thema und stellen die Spielerinnen und Spieler als Menschen in den Mittelpunkt.“ 16 DAS KOMPETENZTEAM Gefragte Expertise in vielen Bereichen Schulungen sind nur ein Bereich, in dem das Knowhow des Expertentrios gefragt ist. So unterstützte das Kompetenzteam 2022 die MERKUR SPIELBANKEN NRW auf ihrem erfolgreichen Weg zu zwei begehrten Spielerschutzzertifikaten: dem ECA-Zertifikat der European Casino Association für verantwortungsvolles Glücksspiel und dem G4-Zertifikat der Global Gambling Guidance Group. Während der Integration in die Gauselmann Gruppe passte das Team alle Informationsmaterialien zum Thema Spielerschutz sowie das Sozialkonzept an die neue Unternehmensführung an. Auch bei Fragen des Risi- komanagements und der Geldwäsche oder bei Compliancethemen zählt die Geschäftsführung auf die Erfahrung der Spielerschutzprofis. Als Bindeglied zur Wissenschaft treibt Dr. Kursawe unter anderem das Thema Gästebefragung voran: „Wir profitieren noch heute von den Ergebnissen der Gästebefragung, die unser Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Uni Mainz 2015 durchgeführt hat. Eine Fortsetzung wird es auf jeden Fall geben.“

17 Jan Kowala ist seit 2020 Präventionsbeauftragter und Leiter des Zentralbereichs Prävention der Gauselmann Gruppe. Der studierte Kommunikationswirt interessiert sich schon lange für das Thema Psychologie und absolvierte zahlreiche Zusatzausbildungen, beispielsweise als systemischer Therapeut. Bereits seit 2014 beschäftigt sich der gebürtige Marburger mit dem Spielerschutz in der Glücksspielbranche. Er ist neugierig und offen für Neues – das zeigt sich an seinen außergewöhnlichen Hobbys wie Eisbaden. Sein Motto: Perspektivwechsel helfen, komplexe Dinge und vor allem Menschen zu verstehen. Michael Jütte kommt von WestSpiel und arbeitet seit der Übernahme durch die Gauselmann Gruppe als zentraler Spielerschutzkoordinator der MERKUR SPIELBANKEN NRW. Gestartet 1990 als Croupier in der Spielbank Hohensyburg erlebt Michael Jütte hautnah, welche Bedeutung der aktiv gelebte Spielerschutz in einem Casino hat. Als sich 2015 bei WestSpiel das Team der Spielerschutzbeauftragten gründet, ist er von Anfang an dabei. 2017 wird er zum zentralen Spielerschutzbeauftragten von WestSpiel berufen. Spielerschutz wird zu seiner Leidenschaft. Und zu seinem täglichen Antrieb: spielsuchtgefährdeten Menschen helfen, bevor eine Suchtproblematik entsteht. Dr. Wolfgang Kursawe ist seit 2022 zentraler Spielerschutzbeauftragter der MERKUR SPIELBANKEN NRW. Die Verbindung von wissenschaftlicher Arbeit und aktiver Suchthilfe bestimmt die Karriere des gebürtigen Sachsen: Die Promotion als Erziehungswissenschaftler ist nur einer von vielen akademischen Abschlüssen. Durch seine leitende Tätigkeit bei der Drogenhilfe in Köln sowie seine therapeutische Arbeit mit Suchtkranken verfügt er über umfassende Erfahrung im Umgang mit Spielsuchtgefährdeten. Die Neugierde auf Menschen bestimmt das Denken des Vielreisers und Hobbykochs Kursawe. Sein Motto: Das Wichtigste ist, dass man nicht aufhört zu fragen.

W ie wichtig sind soziale Kontakte für unsere psychische Gesundheit? Verschiedene Wissenschaftsdisziplinen setzen sich seit jeher mit dieser Frage auseinander. Fest steht: Menschliche Beziehungen geben einem Halt und Sicherheit. Da macht auch die Suchttherapie keine Ausnahme. Aus meiner praktischen Erfahrung in diesem Bereich kann ich sagen, dass es hier seit meinen ersten Berufsjahren täglich um die Neuanbahnung, Fortführung und/oder Vertiefung von Arbeitsbeziehungen mit den Suchtkranken ging. Im Vordergrund standen existenzielle Fragen des Überlebens. Versorgen mit Essen, Angebot von Hygienemaßnahmen und Übernachtungsmöglichkeiten sowie erste Gesprächsangebote zur möglichen Veränderung des Konsumverhaltens, wenn gewünscht. 1994 starben fast 100 Personen in Köln an einer Überdosierung mittels illegaler Drogen. Einige von ihnen kannte ich aus der Zusammenarbeit in der Notschlafstelle und dem Wohnprojekt Eigelstein. Sie starben unter anderem aufgrund eines Mangels an Substitutionsplätzen zur damaligen Zeit. Viele soziale Fachkräfte und politische Entscheidungsträger sahen lange Zeit die Substitution als „Teufelswerk“, obwohl diese schon seit vielen Jahren in anderen Ländern, wie z.B. den USA, den Niederlanden oder der Schweiz, vielen Opiatabhängigen geholfen hatte zu überleben. In Deutschland beharrten die meisten Mitarbeiter in der Suchthilfe auf dem völligen Abstinenzgebot. Akzeptierende, niedrigschwellige Arbeit in der Suchthilfe befand sich noch in der Entstehung. Seit 2005 habe ich als Leiter der Kölner Fachstelle Glücksspielsucht (bis März 2022) fast 4.000 Glücksspieler und deren Angehörige unter anderem im Rahmen der Beratung und/oder medizinischen Rehabilitation kennengelernt. Über 400 Glücksspieler wurden in einer ambulanten Einzel- und Gruppentherapie behandelt. Ein Beitrag von Dr. Wolfgang Kursawe M.A. „DIE PERSÖNLICHE EBENE IN DER SUCHTTHERAPIE: WIE WICHTIG SIND THERAPEUTISCHE BEZIEHUNGEN?“ Dr. Wolfgang Kursawe blickt auf eine langjährige Erfahrung als Experte in der Suchttherapie zurück. Seit 1994 arbeitet er mit suchtkranken Menschen in den verschiedensten sozialen Bereichen zusammen, zunächst in der niedrigschwelligen Arbeit, in Notschlafstellen und Wohnprojekten für akut Heroinabhängige in der Stadt Köln. Bereits damals verstand er sich als „Beziehungsarbeiter“. Was das bedeutet, erklärt der Wissenschaftler in diesem Exkurs. 18 WISSENSCHAFT

I m Jahr 1996 begann ich eine mehrjährige Ausbildung zum psychoanalytisch orientierten Suchttherapeuten, parallel verbunden mit über 300 Stunden Analyse der eigenen Person bei einer Psychoanalytikerin. Im Rahmen der Ausbildung lernte ich als angehender Therapeut die von Heigl-Evers, Heigl und Ott aus der Psychoanalyse entwickelte evidenzbasierte „psychoanalytisch-interaktionelle Methode“ kennen. Diese psychotherapeutische Vorgehensweise betrachtet Sucht als Kompen- sation verlorener Beziehungsfähigkeit. Sie erfordert in der therapeutischen Arbeit die Fokussierung auf die Beziehungsgestaltung zwischen Klient und Therapeut mit dem Ziel, unter anderem die Genuss- und Erwerbsfähigkeit sowie das Selbstwerterleben des Klienten deutlich zu verbessern. Die psychoanalytisch-interaktionelle Methode unterscheidet sich klar von der klassischen Psychoanalyse. ... beinhaltet die wache Aufmerksamkeit gegenüber allen verbalen und nonverbalen Äußerungen des Klienten. Der Therapeut sollte ein Interesse und eine gesunde Neugier für die Lebensgeschichte des Gegenübers entwickeln. Personen, welche nicht interessiert und nicht neugierig auf andere Menschen sind, sollten nicht therapeutisch arbeiten. Präsenz … bedeutet, den Klienten in seinem Geworden-Sein und seiner Biographie, seinen Weltbewältigungs- und Lebensmeisterungsversuchen, einschließlich der Psychopathologie, ernst zu nehmen; die kranken Anteile als Element eines Überlebensversuchs anzuerkennen. Der Konsum von Suchtmitteln und/oder süchtige Verhaltensweisen (z.B. Glücksspielsucht) sind stets als eine Überlebensstrategie in der Vergangenheit zu respektieren. Dies hat dem Klienten im Rückblick geholfen zu überleben. Respekt … umfasst, den Klienten als Mitmenschen anzunehmen; womöglich vorhandene Schicksalsanteiligkeit und deren sympathiebildende Wirkung zu spüren. Erbarmen zu fühlen angesichts eines der Störung/ Sucht innewohnenden Elends bzw. Leidens. Der Therapeut hat viele ähnliche Erfahrungen und Schicksalsanteiligkeiten (z.B. Einschulung, Schulabschluss, erste Liebe, Ausbildung, Konsum von Suchtmitteln) wie der Klient. Dies zu erkennen verbessert das Mitfühlenkönnen und erleichtert es, die sympathische Seite des Klienten zu entdecken und da anzudocken. Akzeptanz Klassische Psychoanalyse Psychoanalytischinteraktionelle Methode Wirkfaktor Aufarbeitung der Kindheit und Jugendzeit Erlernen neuer Verhaltensweisen Rahmenbedingungen Couch-Setting; unsichtbarer, eingeschränkt wahrnehmbarer Therapeut Gegenübersitzen; in seiner ganzen Persönlichkeit präsenter Therapeut Psychologie Ein-Personen-Psychologie Zwei-Personen-Psychologie Grundhaltungen Abstinenz und Neutralität Präsenz, Respekt und Akzeptanz Etwas verkürzt wird dies in folgender Übersicht erkennbar Die drei Grundpfeiler in der Suchttherapie 19 THERAPEUTISCHE BEZIEHUNGEN

Einige Klienten geben sich sehr viel Mühe, ihre sympathische Seite zu verbergen. Es ist Aufgabe als soziale Fachkraft oder Therapeut, diese Seite zu suchen und vor allem zu finden, jeder Klient hat eine sympathische Seite. Sandor Ferenczi (Psychoanalytiker in Budapest, Schüler von Freud in Wien) veröffentlichte das Buch: „Ohne Sympathie keine Heilung. Das klinische Tagebuch von 1932“. Bereits er hat die besondere Stellung der Sympathie in der therapeutischen Beziehung hervorgehoben und beschrieben. Ein wichtiger Wirkfaktor in der Therapie ist die therapeutische Beziehung, und diese kann durch die Bildung von Sympathie (vgl. Bents; Kämmerer; 2018) verbessert werden. Es gibt eine Reihe von neueren Untersuchungen zur Sympathie zwischen Suchttherapeuten und Klienten (vgl. Lehner; 2018). Lehner konnte einige Aspekte aufhellen und belegen, z.B. finden Suchttherapeuten chronisch erkrankte Klienten, die bereits mehrfach in Rehabilitation waren, weniger sympathisch als Erstklienten. Cannabisabhängige Klienten werden als sympathischer erlebt als alkoholabhängige Klienten. Es wurden noch eine Reihe andere Aspekte untersucht (z.B. Alter der Therapeuten; Geschlecht; Berufserfahrung; Unterschied ambulante und stationäre Angebote), bei denen keine signifikanten Zusammenhänge belegt werden konnten. Sympathie sollte insgesamt mehr Aufmerksamkeit bei Therapeuten erhalten und bewusst in der therapeutischen Beziehung entwickelt und gefördert werden. In der Suchttherapie sind einige Aspekte besonders zu beachten: » Beziehungskonstanz (Vermeidung von häufigen Therapeutenwechseln) » konstante therapeutische Haltungen (Präsenz, Akzeptanz, Respekt) » repressionsarmes Klima – herrschaftsfreier Dialog » Einhaltung von Prinzipien (z.B. Antwort; Hilfs-Ich, Arbeiten im Hier und Jetzt) » Einbeziehung von besonderen Problematiken (Trauma; Komorbiditäten etc.) 20 WISSENSCHAFT

»Sympathie sollte insgesamt mehr Aufmerksamkeit bei Therapeuten erhalten und bewusst in der therapeutischen Beziehung entwickelt und gefördert werden.« Dr. paed. Wolfgang Kursawe, M.A. Leiter der Fachbereiche Betreutes Wohnen, Ambulante medizinische Rehabilitation, Kölner Fachstelle Glücksspielsucht und Jugendwerkstatt bei der Drogenhilfe Köln bis März 2022 Arbeitet als Einzel- und Gruppentherapeut mit Suchtkranken (Alkohol-, Drogen- und Glücksspielabhängigen) Zur Person Bei aller Beachtung der Bedeutsamkeit der (therapeutischen) Beziehung sollte der Therapeut auch den Mut haben, für jeden Klienten eine neue Therapie zu kreieren, Diagnosen nicht überzubewerten und in jeder Sitzung auf das Hier und Jetzt einzugehen (vgl. Yalom; 2017). „Die therapeutische Beziehung bedingt die therapeutische Begegnung (vgl. Längle; 2016). Diese universelle Form der Beziehung ist in jedem Gespräch gleich wichtig, weil sie zeitlebens bestehen bleibt, unabhängig davon, ob ein Beratungs- oder Therapieprozess noch im Gange ist oder bereits beendet wurde. Die therapeutische Verantwortung ist demnach eine hohe.“ (Vgl. Wöger; 2020; S. 27) Ich stelle mich gerne dieser Verantwortung in der Arbeit mit Suchtkranken, da diese mit vielen Affekten sowie Emotionen verbunden ist und es nie langweilig wird. Bents, Hinrich; Kämmerer, Annette (Hg.) (2018): Psychotherapie und Würde. Herausforderung in der psychotherapeutischen Praxis. Berlin, Heidelberg: Springer Lehner, Marie (2018): Sympathie zwischen Suchttherapeuten und Klienten – eine quantitative Studie auf der Basis des ersten visuellen Eindrucks von Seiten der Therapeuten. Masterthesis, Köln: [vgl. zuvor] Katholische Hochschule Streeck, Ulrich; Leichsenring, Falk (2011): Handbuch psychoanalytisch-interaktionelle Therapie. Göttingen: [vgl. zuvor] Vandenhoeck & Ruprecht Wöger, Sabine (2020): So spannend ist die Logotherapie. Norderstedt: [vgl. zuvor] Books on Demand Yalom, Irvin D. (2017): Wie man wird, was man ist. Memoiren eines Psychotherapeuten. München: [vgl. zuvor] btb Verlag Literatur 21 THERAPEUTISCHE BEZIEHUNGEN

22 INTERVIEW Interview mit Sozialarbeiterin Frances Trümper „EIN GUTER SPIELERSCHUTZ MUSS FLÄCHENDECKEND ANGEBOTEN WERDEN!“ Frances Trümper ist auf dem Gebiet des Spielerschutzes langjährig erfahren. Sie arbeitet als Sozial- und Suchttherapeutin und leitet die Fach- und Schwerpunktberatungsstelle des „Arbeitskreis gegen Spielsucht e.V.“ in Unna. Im Jahr 1991 gegründet, hat es sich der Verein zur Aufgabe gemacht, die Probleme des pathologischen Glücksspiels zu thematisieren. Wir sprachen mit der Expertin über die Bedeutung von Sperrangeboten und darüber, was einen effektiven Spielerschutz in der Praxis auszeichnet. Die Aufgabe des Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V. besteht aus zwei wesentlichen Bausteinen. Wir arbeiten zum einen als Schwerpunktberatungsstelle im Bereich Markt und Medien der Landesfachstelle Glücksspielsucht, in Bielefeld, zu. Diesbezüglich treiben wir Projekte voran, die für das Land relevant sind, und führen Schulungen von Ordnungsämtern, Polizei oder der Steuerfahndung durch. Aber auch die Marktdatenerhebung für das Land sowie deren Beschreibung und Einordnung gehören zu unseren Aufgaben. Die Angebotsstruktur der Spielhallen und Geldspielgeräte in Deutschland, in der wir alle Kommunen über 10.000 Einwohner, das gesamte Saarland und alle 396 Kommunen in NRW befragen, gehört ebenfalls zu unseren Tätigkeiten. Der zweite Bereich besteht aus der Beratung und ambulanten Rehabilitation von Klienten, die sich an uns wenden oder die selbst Probleme haben, oder auch Angehörigen, die sich beraten und unterstützen lassen wollen. Seit 2012 sind wir eine ambulante Rehastelle und bieten unter ärztlicher Leitung Betroffenen an, die Ursachen und Folgen ihrer Glücksspielsucht zu bearbeiten. Unser Beratungsangebot ist sehr niedrigschwellig. Jeder kann sich an uns wenden, dazu muss auch keine eigene Problematik vorliegen. Was ist die Hauptaufgabe des Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V.?

23 INTERVIEW MIT FRANCES TRÜMPER Frau Trümper, Sie setzen sich als Leiterin einer Fachberatungsstelle täglich mit dem Spielerschutz auseinander. Welche aktuellen Tendenzen erkennen Sie bei diesem Thema? Vor 30 Jahren gab es zwei Kategorien von Glücksspielenden: Automatenspieler und Spielbankenspieler. Heute haben sich die Spielformen multipliziert. Immer seltener haben Betroffene nur eine pathologische Spielform. Wir machen zunehmend die Erfahrung, dass in unterschiedlichen Spielphasen unterschiedliche Formen genutzt werden. Auch wenn es für Betroffene überwiegend einen Fokus gibt, muss es keinen Schwerpunkt geben. Es gibt Betroffene, die von Automatenspiel bis OnlineSlots und Sportwetten alles spielen. Es gibt nichts mehr, was es nicht gibt. Was berichten die Spieler, die in Ihren Arbeitskreis kommen, über die erweiterten Sperrangebote und OASIS? Sie sind extrem erleichtert, dass es die Sperrmöglichkeiten gibt. Das ist etwas, was ich bemerkenswert finde. Viele, die in die Beratung kommen, wissen schon, dass es die Möglichkeit zur Sperrung gibt. Die Realisation „Ich komme aus dem Glücksspiel einfach nicht heraus“ ist für viele eine sehr demütigende Erfahrung. Falls es allein nicht geklappt hat, ist es sehr hilfreich, wenn es eine Struktur gibt. Das wird als sehr, sehr unterstützend empfunden und dankbar angenommen. Als wie hoch schätzen Sie in diesem Kontext die Gefahren von illegalen Spielangeboten ein? Egal, ob terrestrisch oder online: Wir sehen uns einem großen illegalen Markt ausgesetzt. Es geht um viel Geld, und überall, wo viel Geld im Spiel ist, sind natürlich auch die interessiert, die sich nicht an rechtliche Vorgabepflichten halten. Dazu zählt auch die organisierte Kriminalität. Aber bei unseren Feldstudien und Begehungen haben wir festgestellt, dass es ein flächendeckendes Problem ist. Oft gibt es Ballungen von illegalen Glücksspielangeboten in den Kommunen. Das trifft nicht nur in Großstädten zu. Der Wegfall des 3. Geldspielgerätes in der Gastronomie hat mancherorts dazu geführt, dass als „Ersatz“ ein illegales Gerät aufgestellt wurde. Was macht für Sie gelungenen Spielerschutz aus? Die Spielsperre ist ein ganz wesentliches Element, das für die Spieler konkreten Schutz bedeutet. Bei illegalen Anbietern wird diese Sperre nicht angeboten. Das ist für den Spielerschutz katastrophal. Denn dieser funktioniert nur stringent. Wenn ein Bereich geschützt ist und der andere frei zugänglich, läuft ein großer Teil der Betroffenen Gefahr, sich im nicht geschützten Bereich auszuprobieren. Ein guter Spielerschutz muss deshalb flächen- deckend angeboten werden. Wie sehen Sie den aktuellen Stand des Spielerschutzes in den Spielbanken? Ich hatte in diesem Jahr das erste Mal wieder die Möglichkeit, mit den Spielerschutzbeauftragten in Kontakt zu kommen, und finde, dass sich viel getan hat. Ich habe die Menschen, die in dem Bereich eingesetzt sind, als deutlich aufgeschlossener erlebt als noch vor einigen Jahren. Das ist etwas, was ich als sehr positiv wahrgenommen habe. Wie kann der Spielerschutz noch verbessert werden? Ein guter Spielerschutz bedeutet auch, dass ich das Suchtpotenzial meines Angebots nicht einfach in die Höhe schrauben kann. Es ist wichtig, eine gute Balance zu finden – und zu halten. Für alle Anbieter von Geld- und Glücksspielen muss eingängig sein, dass ihr Angebot davon abhängig ist, die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags einzuhalten. Ein geregelter Spielbetrieb ist wichtig, aber der Staatsvertrag hat Sucht-, Jugend- und Spielerschutz als grundlegende Ziele.

939 Spielersperren – das ist fast eine Verdreifachung gegenüber dem Vorjahr. Wie bewerten Sie diese Entwicklung? 2021 war ein Pandemiejahr, 2022 gab es weniger Corona-Auflagen und damit kamen auch wieder mehr Menschen in unsere Spielbanken. Die Zahlen sind also nur bedingt aussagefähig. Was sich aber klar abzeichnet: Die Anzahl der Fremdsperren geht deutlich zurück. Mehr Menschen nutzen die Möglichkeit, sich selbst sperren zu lassen, um sich vor Spielproblemen und den Folgen zu schützen. Das zeigt: Unsere Präventionsarbeit vor Ort greift. Das ist eine gute Nachricht. Wir sind sehr froh, dass die Betroffenen die Gesprächsangebote in unseren Spielbanken wahrnehmen. Hier bekommen sie schnelle und unbürokratische Hilfe. Seit Juli 2021 hat der Gesetzgeber die Spielersperre für die Spielbanken auch auf weitere Spielformen ausgedehnt. Geht das Konzept der Selbstsperre also auf? Die Selbstsperre ist in unseren Spielbanken seit vielen Jahren ein wirksames Instrument. Sie bewahrt Würde und Selbstbestimmung. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und die Sozialkonzepte der Spielbanken in den Glücksspielstaatsvertrag übernommen. Wer sich heute in unseren Spielbanken, -hallen oder auf Online-Portalen sperren lässt, ist zuverlässig von allen Glücksspielen ausgeschlossen. Ein Großteil der Sperren betrifft laut Ihrer Statistik junge Männer. Dieser Trend hat sich bereits 2021 abgezeichnet. Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus den Daten? Die Statistik liefert uns wertvolle Erkenntnisse für unsere Präventionsarbeit: Wir kennen die vulnerablen Gruppen und können unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Spielbanken dafür sensibilisieren und schulen. Unsere lokalen Spielerschutzbeauftragten können sich in den persönlichen Gastgesprächen besser auf die Bedürfnisse der Gruppe einstellen und die richtige Ansprache finden. Diese Gespräche sind ein hochwirksames Mittel im Spielerschutz und erfordern viel Empathie und Fingerspitzengefühl. DIE MENSCHEN HINTER DEN ZAHLEN SEHEN Im Berichtsjahr 2022 haben die MERKUR SPIELBANKEN NRW 939 Spielersperren registiert, davon 932 Selbst- und sieben Fremdsperren. Betroffen sind vor allem Männer unter 30 Jahren. Wie sind die Zahlen zu interpretieren? Drei Fragen an Michael Jütte, zentraler Spielerschutzkoordinator der MERKUR SPIEL- BANKEN NRW. »Die Selbstsperre ist in unseren Spielbanken seit vielen Jahren ein wirksames Instrument.« 24 SPERRSTATISTIK UND GASTGESPRÄCHE

SPERRSTATISTIK UND GASTGESPRÄCHE Sperren im Berichtsjahr In den Häusern der MERKUR SPIELBANKEN NRW wurden im Jahr 2022 insgesamt 939 Sperren registriert. Im Jahr zuvor lag die Zahl bei 334. Ein direkter Quervergleich zwischen den beiden Jahren ist jedoch zu vermeiden, da 2021 die Spielbanken aufgrund der geltenden Corona-Auflagen monatelang geschlossen waren. Mit 99,2% bilden die Selbstsperren die überwältigende Mehrheit aller neu ausgesprochenen Sperren. Nur bei einem sehr geringen Anteil wurden die Sperren durch Dritte initiiert. Sperren nach Alter: vor allem Männer unter 30 Jahren Etwas mehr als die Hälfte (52%) der Sperren entfällt auf die Altersgruppe der unter 30-Jährigen. Mit 9% nehmen die Gäste, die älter als 50 Jahre sind, nur eine Nebenrolle ein. Diese ermittelten Daten bestätigen den allgemeinen Trend, dass der Anteil an jüngeren Spielgästen zunimmt. Sperren im Berichtsjahr 2022 Gesamtanzahl 939 Selbstsperren 932 Fremdsperren 7 Davon aufgrund von Meldungen Dritter 2 Davon aufgrund von Meldungen des Personals 5 Sperren nach Geschlecht: klar männerdominiert Der überwiegende Teil an Sperren entfällt auf das männliche Geschlecht (93%). Es wäre jedoch falsch, einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und einer Sperre herzustellen. Die demografische Zusammensetzung der Gäste in den Häusern der MERKUR SPIELBANKEN NRW ist ebenso männerdominiert, weshalb sich diese Verteilung auch in den ausgesprochenen Sperren widerspiegelt. Im Jahr 2021 lag die prozentuale Verteilung in einem sehr ähnlichen Rahmen (95%). 0 100 200 300 400 500 ≤ 30 Jahre 31–50 Jahre > 50 Jahre 486 369 84 93% 7% Weiblich Männlich 25

SPERRSTATISTIK UND GASTGESPRÄCHE Sperren nach Standort: Größe der Spielbank steht in direktem Verhältnis zur Anzahl der Sperren Abhängig von der Größe des jeweiligen Standorts variieren auch die Sperrzahlen in ihrer Höhe. Duisburg verzeichnet als besucherstärkstes Haus 2022 auch die meisten ausgesprochenen Sperren (348). Während die Spielbanken in Hohensyburg und Aachen ebenfalls über der 200er-Marke liegen, folgt das Casino in Bad Oeynhausen auf dem vierten Rang. 0 50 100 150 200 250 300 350 Aachen Bad Oeynhausen Hohensyburg Duisburg 202 129 260 348 Gastgespräche: Lokale Spielerschutzbeauftragte führten 1.177 Gespräche Bei den MERKUR SPIELBANKEN NRW wurden 2022 insgesamt 1.177 dokumentierte Gastgespräche zum Thema Spielerschutz durchgeführt (2021: 205). Aufgrund der pandemiebedingten mehrmonatigen Schlie- ßung der Häuser im vergangenen Jahr sind auch in diesem Bereich die Veränderungen ohne Aussagekraft. Grundsätzlich lässt sich jedoch festhalten, dass die Durchführung von Gastgesprächen ein sehr effektives Mittel im Spielerschutz ist. Infos zum Spielerschutz: einfach verständlich und leicht zugänglich In allen Häusern liegen Informationsmaterialien zum Spielerschutz aus: Flyer, Infokarten und Bildschirmeinspielungen. 26

SPERRSTATISTIK UND GASTGESPRÄCHE Wie funktioniert die Spielersperre? Die Spielersperre ist eine Maßnahme, mit der Menschen für eine bestimmte Zeit oder auch dauerhaft vom Glücksspiel ausgeschlossen werden. Ziel: die Spielsucht zu bekämpfen und die Betroffenen vor den Folgen zu schützen. Seit dem 1. Juli 2021 sind alle Veranstalter von Glücksspielen sowie Sportwetten und Lotterien mit besonderem Gefährdungspotenzial laut Glücksspielstaatsvertrag (§ 8a Abs. 1) dazu verpflichtet, Personen zu Wie lange gilt die Sperre? Die Sperre beträgt mindestens ein Jahr, es sei denn, die eine Selbstsperre beantragende Person beantragt einen abweichenden Zeitraum, der jedoch drei Monate nicht unterschreiten darf. Wird eine kürzere Dauer als drei Monate angegeben, gilt dies als Angabe von drei Monaten. sperren, die spielsuchtgefährdet oder überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen oder Einsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen. Eine Sperre wird umgehend in die deutschlandweite Sperrdatenbank eingetragen und auch im Rezeptionsprogramm der Spielbanken vermerkt. Wer gesperrt ist, hat keinen Zugang mehr zum Spiel in Spielhallen, Gaststätten und Spielbanken sowie zu Automatenspielen im Internet. Was ist eine Selbstsperre? Jeder hat die Möglichkeit, sich sperren zu lassen. In den Spielbanken reicht dazu eine mündliche Anfrage, in der klar zum Ausdruck kommt, dass eine Eintragung gewünscht ist. Selbstsperren sind oft auch fremdinitiiert: Die Menschen werden in Gesprächen mit erfahrenem und geschultem Personal für ihr Spielverhalten sensibilisiert und entscheiden sich daraufhin für eine Selbstsperre. Wie kommt es zu einer Fremdsperre? Auch andere Personen können eine Sperre für einen Spieler oder eine Spielerin beantragen, wenn ausreichend Hinweise unter anderem für Spielsuchtgefährdung oder Überschuldung vorliegen. Das kann vom Personal oder von den Spielerschutzbeauftragten der Spielbanken ausgehen – aber auch von Dritten wie Freunden oder der Familie. Vor jeder Fremdsperre bekommen Betroffene die Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Welche Rolle spielen dabei die Gastgespräche? Über problematisches Spielverhalten zu sprechen, sollte in jeder Spielstätte einfach möglich sein. Das ist der Ansatz der Gastgespräche. Um generell für das Thema zu sensibilisieren, spricht das Personal offen mit Gästen über Glücksspielrisiken und Hilfsangebote. Wird bei einem Gast ein auffälliges Spiel- oder Sozialverhalten erkannt, führen lokale Spielerschutzbeauftragte diskret ein persönliches Gespräch und leiten gegebenenfalls weitere Schritte ein. Die Anträge auf Spielersperren sind in allen Spielstätten erhältlich und stehen auch auf der Website der MERKUR SPIELBANKEN NRW zum Download bereit : www.merkur-spielbanken.de/spielerschutz#sperrantraege 27

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